Startschuss für recycelbare Flugzeugstrukturen – Team HP CFK forscht im Kontext einer nachhaltigeren Luftfahrt

Faserverstärkte Kunststoffe spielen eine zentrale Rolle im modernen Flugzeugbau: Sie sind leicht, extrem belastbar und widerstandsfähig gegen Materialermüdung. Bisher war es jedoch schwierig, diese Hochleistungsmaterialien nach ihrer Nutzung wiederzuverwenden. Zwar werden sie teilweise recycelt, doch die daraus gewonnenen Materialien konnten bislang nicht für sicherheitsrelevante Anwendungen wie im Flugzeugbau eingesetzt werden. Das interdisziplinäre Projekt reFrame, initiiert von der Leibniz Universität Hannover, der Technischen Universität Braunschweig, der Technischen Universität Clausthal und der Privaten Fachhochschule Göttingen, will dies ändern. Ziel ist es, das Recycling von kohlefaserverstärkten Kunststoffen so zu optimieren, dass die recycelten Materialien erneut im Flugzeugbau verwendet werden können.

Dieses ambitionierte Vorhaben wird mit insgesamt 4,7 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und vom Land Niedersachsen gefördert, wovon 3,95 Millionen Euro an die Forschungskooperation fließen. In den kommenden drei Jahren wird das Team auf höchstem Niveau an einer nachhaltigen Luftfahrt forschen.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der sogenannten Sandwichbauweise, einer speziellen Form des Verbundwerkstoffs. Diese Bauweise, bestehend aus zwei Deckschichten und einem zwischenliegenden Kernmaterial, bietet ein exzellentes Leichtbaupotenzial und ist eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen Faserverbundstrukturen im Flugzeugbau. Allerdings konnten die verwendeten Materialien am Ende ihrer Lebensdauer bisher nicht in gleichwertigen Strukturbauteilen wiederverwendet werden.

Die Fragestellung von reFrame

Das Ziel von reFrame ist es, einen geschlossenen Kohlenstofffaser-Recyclingkreislauf zu schaffen und gleichzeitig das Hochleistungspotenzial der Kohlenstofffasern zu erhalten. Hintergrund ist, dass bei solchen Hochleistungsbauteilen keine Leistungseinbußen hingenommen werden können, da dies sonst das Strukturgewicht und somit beispielsweise den Treibstoffverbrauch von Flugzeugen erhöhen würde.

Im Projekt reFrame wird die Idee entwickelt, CFK-Sandwichstrukturen mit einem Kern aus recyceltem Ausgangsmaterial und thermoplastischen Deckschichten zu kombinieren, zu untersuchen und umzusetzen. Da sowohl die Deckschicht als auch der Kern aus demselben Ausgangsmaterial bestehen, kann die gesamte Struktur recycelt und zu einem neuen Kern verarbeitet werden. So entsteht ein geschlossener CFK-Sandwich-Recyclingkreislauf ohne Anwendungseinschränkungen.

Der Abschluss des Projekts sieht die Realisierung eines Demonstrators einer recycelten Flugzeugstruktur vor. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Transferteil mit Unterstützung der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) genutzt, um mit Industriepartnern direkt an der weiteren Umsetzung zu arbeiten.

Stade – Standort mit Vorteil

Durch die interdisziplinäre Forschungskooperation im interuniversitären Forschungsverbund HP CFK (Leibniz Universität Hannover, TU Clausthal und TU Braunschweig) am Standort Stade kann die gesamte Entwicklung abgedeckt werden: vom Gesamtentwurf und der Auslegung (TU Braunschweig) über die Materialanalyse und das Recycling (TU Clausthal) bis hin zur Produktion (Leibniz Universität Hannover). Die Kooperation wird von der Privaten Hochschule Göttingen (PFH), Hansecampus Stade, unterstützt, die sich aktiv um den Wissens- und Technologietransfer kümmert.

Das Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik konzentriert sich auf das Recycling von thermoplastischen Faserverbundbauteilen und produktionsbedingten Verschnittabfällen sowie deren Aufwertung für die Wiederverwendung in Hochleistungsanwendungen. Zunächst wird das Rezyklat zu einem kurzfaserverstärkten Basiscompound verarbeitet, aus dem dann durch Funktionalisierung ein pressfähiges Leichtbaukernmaterial erzeugt wird. Neben dreidimensional gepressten Kernmaterialien werden auch die Möglichkeiten des Drucks individueller kurzfaserverstärkter Kerne für den Einsatz in Sandwichstrukturen untersucht.

Der Lehrstuhl für Gesamtentwurf von Flugzeugen des Instituts für Flugzeugbau und Leichtbau wird dabei mögliche Einsatzbereiche analysieren und einen Flugzeugentwurf erstellen, der auf den Einsatz von Recycling-Strukturen und zukünftige Mobilitätsanforderungen abgestimmt ist. Ergänzend dazu erfolgt am Lehrstuhl für Flugzeugkonstruktion die Auslegung der Struktur mit angepassten Methoden für Rezyklate, da diese eine höhere Streuung in ihren Materialeigenschaften aufweisen. Das Leichtbaupotenzial kann durch gezielte Funktionsintegration gesteigert werden, beispielsweise durch das Einbringen von Brandhämmern oder Sensorik zur Strukturüberwachung. Um ein vollständiges und sortenreines Recycling von Strukturen zu ermöglichen, wird in dem Forschungsprojekt ein besonderer Fokus auf reversible Fügemethoden gelegt.

Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen wird zur Reduktion von Primärrohstoffen in Hochleistungsstrukturen das Einsatzpotenzial von recycelten und biobasierten Materialien in thermoplastischen Automated-Fiber-Placement-Technologien untersuchen und leistet damit einen großen Beitrag zur Umsetzung nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Der Einsatz von KI-basierter Prozessüberwachungstechnologie, Digitalisierungsansätzen sowie energieeffizienten Fertigungsstrategien legt den Grundstein für eine CO₂-arme Produktion.

Als Maßnahme zur nachhaltigen Stärkung des regionalen Wissenstransfers sind sowohl eine ausgeprägte Transferperiode im fortgeschrittenen Projektverlauf als auch kontinuierliche Transferarbeit durch die Private Fachhochschule Göttingen (PFH), Hansecampus Stade, vorgesehen. In Kooperation mit interessierten KMU werden Themenpotenziale im Rahmen von projektbegleitenden Voruntersuchungen erhoben und bewertet, die sich nah an den anwendungsorientierten Fragestellungen der beteiligten Industriepartner orientieren und das Ziel haben, die Projektergebnisse in Fortsetzungsprojekte in den Unternehmen zu transferieren.

Neuer AFP-Legekopf – Leichtbauproduktion im SCALE: IFW testet erfolgreich neues AFP-System

Neuzugang am IFW für Pionierarbeit in der Forschung zur flexiblen und automatisierten Fertigung von Hochleistungs-Faserverbundbauteilen: Ein Team der IFW-Außenstelle in Stade hat das mit Hochspannung erwartete Automated Fiber Placement (AFP) System AFP-X der Firma Addcomposites umfassend getestet und zusammen mit dem Entwicklungsteam erste Bauteile gefertigt. Das nach Anforderungen des IFWs neu entwickelte Legesystem erweitert die Möglichkeiten zur Erforschung der Herstellung von leichten, gleichzeitig hochfesten Komponenten für anspruchsvolle Anwendungen in Luft- und Raumfahrt und weiteren spezialisierten Branchen.

 

Die neue Fertigungszelle des IFWs im interdisziplinären Forschungsbau SCALE konnte ihre Flexibilität nun unter Beweis stellen. Die Zelle wurde im Zuge des vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geförderten Projektes „PräziLight“ realisiert, mit dem Ziel eine Forschungsinfrastruktur für die hochproduktive Herstellung von neuartigen Faserverbundstrukturen für zukünftige Flugzeuggenerationen zu schaffen. Sie besteht aus dem neuen AFP-Legekopf, der an einem 6-Achs-Industrieroboter montiert ist und mit diesem auf einer Linearachse verfahren kann, sowie einem Dreh-Schwenktisch und einer Rotationsachse zur Bereitstellung von Ablegewerkzeugen. In den ersten Versuchen wurden nun erfolgreich Bauteile aus thermoplastischem sowie duromerem Kohlenstofffaserverbundmaterial (CFK) im Automated Fiber Placement Verfahren hergestellt.

Das Automated Fiber Placement ist ein additives Fertigungsverfahren, bei dem dünne Bänder (Tows) aus Kohlenstofffaserverbundmaterial mittels eines Legekopfes automatisiert und präzise unter Einwirkung von Druck und Temperatur auf eine Form aufgebracht werden. Das Tow-Halbzeug besteht dabei aus hochfesten Endlosfasern aus Kohlenstoff, die in eine Kunststoffmatrix eingebettet sind, wodurch die Bänder und die späteren Bauteile ihre Form erhalten. Die Matrix kann dabei entweder aus thermoplastischem oder duromerem Kunststoff bestehen, wodurch unterschiedliche Eigenschaften in der Verarbeitung und im späteren Bauteil erreicht werden. Eine Besonderheit des neuen Legekopfes ist, dass dieser abwechselnd beide Tow-Halbzeugarten nach nur kurzer Umbauzeit verarbeiten kann. So können am Legekopf auch verschiedene Heizquellen eingesetzt werden, beispielsweise eine Infrarotlampe für Niedrigtemperaturanwendungen oder eine Breitband-Heizquelle mit Xenon-Flashlamp-Technologie des Herstellers Heraeus Noblelight für die Hochtemperatur-Verarbeitung von thermoplastischen Halbzeugen. Die Flashlamp erweitert Forschungsmöglichkeiten des IFWs im Bereich der thermoplastischen Verarbeitung zusätzlich zum laserbasierten System in Stade und ermöglicht hohe Leistungen sowie eine homogene Aufheizung ohne aufwändige Laserschutzanforderungen. 

Das IFW ist weltweit der erste Kunde des neu entwickelten 4-Tow-Systems der finnischen Firma Addcomposites, die sich mit ihren 1-Tow Systemen einen Namen im Bereich kompakter Automated-Fiber-Placement-Gesamtlösungen gemacht hat. Die Fähigkeit, vier Tows gleichzeitig statt nur einen abzulegen, steigert die Produktivität des Systems erheblich. Nach zwei Eigenentwicklungen, die am Außenstandort Stade im Einsatz sind, ist der AFP-X der dritte AFP-Legekopf des IFWs und der Erste am Standort Garbsen.

In Zukunft wird die Legezelle für die Erforschung effizienter Leichtbaustrukturen und moderner Heizmethoden, der 2,5D-Ablage auf komplexen Bauteilen sowie zur Fertigung von Wasserstofftanks für kommende Flugzeuggenerationen eingesetzt. Die Legezelle erweitert somit die Produktionskompetenz des IFWs im Bereich automatisierter Fertigung für Faserverbundstrukturen nachhaltig.

Das IFW bedankt sich beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für die Förderung des Projektes „PräziLight“.

Kontakt:

Für weitere Informationen steht Ihnen Tim Tiemann, Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover, unter +49 (0) 4141 – 77638 – 207 oder per E-Mail unter tiemann@ifw.uni-hannover.de gern zur Verfügung.

Es ist geschafft!

Pünktlich zur HANNOVER MESSE hat unser Partner MD Composites Technology GmbH den Prototypen des weltweit ersten Leichtbauchassis auf Kohlenstofffaserbasis für den Feldhäcksler BigX der Fa. Maschinenfabrik Bernard KRONE GmbH & Co. KG fertiggestellt. Das Chassis befindet sich jetzt auf dem Weg nach Hannover und wird dann vom 22.-26. April am Stand 22 in Halle 4 zu sehen sein.

Das gesamte Projektteam AgriLight freut sich auf Ihren Besuch auf der HM24!

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Das Forschungsprojekt AgriLight wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Technologietransferprogramms Leichtbau (TTP LB) gefördert. Wir danken dem BMWK aufrichtig für ihre Unterstützung.

 

Besuch der AKAFLIEG Hannover

Gestern hatten wir das Vergnügen, die Akademische Fliegergruppe Hannover bei uns zu begrüßen. Die Akaflieg ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein für Studenten und Absolventen der Leibniz Universität Hannover sowie anderer Hochschulen Hannovers. Neben der Vermittlung von Wissen über Wartung, Bau und Flugausbildung auf Segelflugzeugen entwickeln und konstruieren die Teammitglieder des Vereins eigene Fluggeräte bis hin zur Erprobung.
Wir verbrachten einen inspirierenden Nachmittag zusammen, gefüllt mit anregenden Gesprächen und dem Austausch von Ideen. Bei einem Rundgang durch unser Versuchsfeld präsentierten wir die Ergebnisse unserer Forschungsprojekte und diskutierten intensiv über verschiedenste Themen. Das Spektrum reichte von der Entwicklung elektrisch angetriebener Faserverbundflugzeuge, deren Auslegung unter Berücksichtigung von Crashanforderungen, über unterschiedliche Produktionstechnologien zur automatisierten Herstellung von Faserverbundstrukturen u.a. mit KI-unterstützten Prüfmethoden bis hin zu Anwendungen für Faserverbundmaterialien in der Agrartechnik, Medizintechnik oder Energietechnik.
Darüber hinaus präsentierten wir Ergebnisse diverser grundlagenorientierter Forschungsprojekte im Bereich schweißtechnische Fügemethoden, in-situ Konsolidierung von Thermoplast- und Sandwichstrukturen, presstechnische Verarbeitung von besonders dickwandigen Strukturen sowie unkonventionell versteiften Strukturlayouts für zukünftige Flugzeuggenerationen.
Wir möchten dem gesamten Team der Akaflieg Hannover für ihre Initiative und ihren Besuch danken und freuen uns schon jetzt auf eine Wiederholung in den kommenden Jahren. Bis zum nächsten Mal!

Erstes Landmaschinen Carbon Chassis der Welt unter den Finalisten des renommierten JEC Innovation Award und in Kürze auf der Hannover Messe 2024 zu sehen

Die internationale Jury der JEC hat das Projekt AgriLight als Finalist für den renommierten JEC Innovation Award ausgezeichnet. Ziel des Projekts ist die signifikante Gewichtsreduzierung am Chassis des Krone Big X durch die Entwicklung und Fertigung des ersten Carbon Landmaschinen Chassis der Welt. Das innovative Carbon Chassis bietet ein 50 % geringeres Gewicht und zwischen 60 und 350 % höhere Biege und Torsionssteifigkeiten verglichen mit konventionellen Stahl-chassis.

Das Chassis wird vom 22.04.- 26.04.24 auf der Hannover Messe zum ersten Mal ausgestellt.

Im Projekt AgriLight haben das IFW und das PuK zusammen mit ihren Projektpartnern das erste Landmaschinenchassis aus faserverstärkten Kunststoffen entwickelt. Hierfür wurden sie von der führenden Messe für Composites als Finalist für den renommierten JEC Innovation Award in der Kategorie Equipment Machinery & Heavy Industries category ausgezeichnet.

Die erste Live Präsentation des Chassis erfolgt auf der Hannover Messe 2024. Vom 22.04. bis zum 26.04. wird der Prototyp gemeinsam mit der Fa. Krone Maschinenfabrik GmbH und der Fa. MD Composite GmbH in Halle 4 D22 als Teil des Lightweight Construction Pavilion ausgestellt.

Durch das neue Chassis- und Materialkonzept konnte das Gewicht des Chassis um 50 % gesenkt werden. Dies erleichtert die Zulassung der Tonnen schweren Maschinen. Zudem nimmt die Bodenverdichtung ab. Ein weiterer Vorteil den die Struktursimulationen des IFW zeigen, sind die signifikant höheren Verwindungssteifigkeiten. Durch die neue Chassisgeometrie und lastgerechte Faserorientierungen konnte die Torsionssteifigkeit um 360 % und die Biegesteifigkeiten zwischen 60 und 90 % gesteigert werden. Infolge dessen nimmt das Risiko von abspringenden Antriebsriemen und die Belastung der Anbauteile deutlich ab.

Aktuell wird das Chassis beim Projektpartner MD Composites GmbH gefertigt und für die Hannover Messe vorbereitet. Anschließend wird dieser Prototyp bei unserem Partner Krone GmbH einer dynamischen Strukturprüfung unterzogen. Dabei werden die Ergebnisse der Auslegung sowie die zugrundeliegenden Finite-Elemente-Modelle validiert. Das Hauptziel dieser Untersuchung besteht darin, sicherzustellen, dass sowohl das Chassis auf Basis von Kohlenstofffasern als auch die in stark beanspruchten Bereichen eingesetzten hybriden Inserts über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs keine Schädigung aufweisen. Zur Erfassung der Belastungen und Verformungen des Chassis setzt das IFW ein Messkonzept um, dass sowohl Rayleigh- und DMS-Sensoren als auch optische 3D-Messungen einschließt. Durch den Entwicklungsprozess konnte das Team HPCFK seine Expertise in der Entwicklung und Auslegung von großen Faserverbundstrukturen sowie in der Konzeption anwendungsbezogener Krafteinleitungen weiter stärken und ausbauen.

Das Projekt wird im Rahmen des Technologietransfer-Programms Leichtbau (TTP LB) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Wir danken dem BMWK für die Förderung des Projekts.

HPCFK ist Teil des Entwicklungsteams für ein rein elektrisches Flugzeug

„Dieses industrielle Forschungsprojekt trägt maßgeblich zur Technologieentwicklung im Luftfahrtsektor, insbesondere im Bereich der Composite- und Fertigungstechnik, bei. Gleichzeitig fördern wir aktiv die Umsetzung dieser Innovationen bei kleinen und mittleren Unternehmen“, sagt Dr.-Ing. Carsten Schmidt, Leiter der Forschergruppe Hochleistungsproduktion von CFK Strukturen (HP CFK), Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität. Die Forschergruppe HP CFK am Forschungszentrum CFK Nord in Stade war Gastgeber des Kick-Off-Meetings „SHOREliner“ am 29. September dieses Jahres.

Unter Führung des EASA zertifizierten Herstellungs- und Entwicklungsunternehmens M&D Flugzeugbau entwickeln die Mitglieder des Konsortiums „SHOREliner“ ein rein elektrischen Flugzeug.

Bis Ende 2026 plant das Konsortium das technische Design eines batterieelektrisch betriebenen, 10-sitzigen Flugzeugs im Segment eSTOL Commuter (Zubringer Flugzeug mit Short-take-off-and-landing Eigenschaften) fertigzustellen.

Mitglieder des Konsortiums sind neben dem IFW und der M&D Flugzeugbau GMBH & Co.KG auch die Kasaero GmbH aus Stuttgart, Broetje Automation aus Rastede, Schill + Seilacher „Struktol“ aus Hamburg, das Institut für Flugzeugbau und Leichtbau (IFL) der Technischen Universität Braunschweig und das Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik (PuK) der Technischen Universität Clausthal.

Im Rahmen des gemeinsamen Projekts werden neben dem technischen Design des Flugzeugs selbst auch Innovationen in den Bereichen naturfaser-basierter Composite-Materialien und bio-basierter Harze, Automatisierungslösungen für die Herstellung von Composite-Teilen und Flammschutzsysteme erforscht und entwickelt. Das geplante CO²-neutrale operierbare Flugzeug soll später ebenfalls CO²-neutral hergestellt werden. Die Entwicklung klimaneutraler, energieeffizienter und ressourcenschonender Fertigungsverfahren sowie eine ökologische Lifecycle-Betrachtung sind von Beginn an Bestandteile des Gesamtprojekts.

Ziel des Kick-Off-Meetings der Konsortiumspartner war im Wesentlichen die detaillierte Verteilung der einzelnen Arbeitspakete und die Implementierung eines zuverlässigen Arbeitsprozesses.

„Dieses Meeting ist der Startschuss für die praktische Umsetzung der Grundidee, ein klimaneutrales Faserverbund-Flugzeug mit robusten aerodynamischen und STOL-Eigenschaften zu entwickeln und damit zur CO² neutralen Mobilität der Zukunft beizutragen“, sagt Tim Markwald, Geschäftsführer von M&D Flugzeugbau.

Das Projekt ist Teil des Luftfahrtforschungsprogramms (LUFO VI-3) und wird gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages unterstützt durch den Projektträger Luftfahrtforschung (PT-LF) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Link zur Projektseite: www.hpcfk.de/shoreliner

 

Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft: Carbon-Leichtbau-Innovation halbiert Chassisgewicht des Krone Big X Feldhäckslers

Um die CO2-Emissionen im Nutzfahrzeug- und Agrarsektor zu senken, wird nach neuen Wegen zur Gewichtsreduzierung der meist tonnenschweren Maschinen gesucht. Ein Ansatz ist dabei der Strukturleichtbau unter Anwendung innovativer Materialkonzepte, wie z. B. Faserverbundwerkstoffe. Das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover hat im Projekt AgriLight zusammen mit seinen Projektpartnern ein Carbon Chassis für den Krone Big X entwickelt. Mit der innovativen Konstruktion kann das Chassisgewicht des Feldhäckslers bei gleichzeitig höherer Verwindungssteifigkeit um 50 % gesenkt werden.

Um größere Felder effizienter bearbeiten zu können, ist die Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Erntemaschinen in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Durch die höheren Leistungen der Maschinen hat auch deren Gewicht zugenommen, was Herstellende an die Grenzen der straßenverkehrsrechtlichen Zulässigkeit bringt und Anwenderinnen und Anwender mit stärkeren Bodenverdichtungen und höheren Spritverbräuchen konfrontiert.

Diese Problematik wurde vom IFW zusammen mit den Projektpartnern Krone GmbH & Co. KG, M&D Composites Technology GmbH und dem Institut für Polymerwerkstoffe und Kunststofftechnik (PuK) der TU Clausthal im Forschungsprojekt AgriLight adressiert. Indem das Chassis des Krone Big X grundlegend neu gedacht in eine innovative Faserverbund-Konstruktion überführt wurde, konnte sein Gewicht signifikant reduziert werden.

Besondere Herausforderungen ergaben sich aus den unterschiedlichen Materialeigenschaften von Faserverbunden und metallischen Werkstoffen, der damit einhergehenden Komplexität bei der Auslegung dickwandiger Faserverbundstrukturen und der Integration des neuen, fasergerechten Designs in die vorhandene Fahrzeugstruktur. Die neuen Gestaltungsmöglichkeiten der CFK-Monocoque-Bauweise wurden genutzt, um zusätzliche Vorteile für den Kunden zu schaffen. Darunter beispielsweise größere, integrierte Tanks und eine vereinfachte Reinigung der Maschine durch geschlossene Oberflächen. Für die Auslegung haben das IFW und das PuK gemeinsam eine Reihe verschiedener Harzsysteme untersucht, um die optimale Matrix für die Anwendung und das Herstellungsverfahren mittels Vakuuminfusion ohne Autoklaven zu finden. Zur Durchführung der Finite-Elemente-Simulation kam Ansys Composite PrePost zum Einsatz. Es wurden sowohl Schalenmodelle der gesamten CFK-Struktur als auch detaillierte Analysen mittels Volumenmodellen erstellt. Basierend auf einem von Krone neu entwickelten Lastkollektiv wurden Konstruktionsanpassungen sowie Optimierungen im Laminataufbau vorgenommen.

Neben der Gestaltung und Dimensionierung der Rahmenstruktur hat das IFW auch neue Ansätze für die faserverbundgerechte Einleitung von hohen Belastungen in die Rahmenstruktur von Nutzfahrzeugen erforscht. Mithilfe des innovativen hybriden Insertkonzepts, das optimal für das angedachte Vakuuminfusionsverfahren geeignet ist, können – zusammen mit klassischen Verbindungselementen wie Schrauben und Bolzen – erheblich höhere Lasten in die Faserverbundstrukturen eingeleitet werden, ohne dass die Vorspannkräfte vom Laminat getragen werden müssen. Das Ergebnis des Entwicklungsprozesses ist ein innovatives Carbon-Chassis, dass eine Gewichtsreduktion von 50 % im Vergleich zum Stahlrahmen aufweist und dabei eine höhere Rahmensteifigkeit bietet.

Im nächsten Schritt wird ein Prototyp des Chassis bei M&D Composites Technology hergestellt. Dafür wird zunächst der Werkzeugbau durchgeführt, gefolgt von der Produktion der einzelnen Schalenbauteile des Monocoques. Anschließend wird dieser Prototyp bei unserem Partner Krone einer dynamischen Strukturprüfung unterzogen, bei der auf dem X-Poster das entwickelte Lastkollektiv abgefahren wird. Dabei werden die Ergebnisse der Auslegung sowie die zugrunde liegenden Finite-Elemente-Modelle validiert. Das Hauptziel dieser Untersuchung besteht darin, sicherzustellen, dass sowohl das Chassis auf Basis von Kohlenstofffasern als auch die in stark beanspruchten Bereichen eingesetzten hybriden Inserts über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeugs keine Schädigung aufweisen. Zur Erfassung der Belastungen und Verformungen des Chassis setzt das IFW ein Messkonzept um, dass sowohl Rayleigh- und DMS-Sensoren als auch optische 3D-Messungen einschließt. Durch den Entwicklungsprozess konnte das IFW seine Expertise in der Entwicklung und Auslegung von großen Faserverbundstrukturen sowie in der Konzeption anwendungsbezogener Krafteinleitungen weiter stärken und ausbauen.

Das Projekt wird im Rahmen des Technologietransfer-Programms Leichtbau (TTP LB) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert. Wir danken dem BMWK für die Förderung des Projekts.

CompositesWorld informiert: IFW’s AFP installation enhances thermoplastic structure production

Im Rahmen des Projekts PräziLight erweitert das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen seine Forschungsinfrastruktur im Bereich des automatisierten Faserauftrags (AFP) durch die Installation eines AFP-Systems von AddComposites (Espoo, Finnland). Das System ist mit einem humm3 Heizsystem von Heraeus Noblelight (Gaithersburg, M.D., USA) ausgestattet und für sowohl duroplastische als auch thermoplastische Materialien einsetzbar. Damit verfügt das Team HPCFK neben einem laserbasierten AFP-System (VCSEL, TRUMPF, Deutschland), das ebenfalls für beide Materialtypen und insbesondere für Hochtemperaturanwendungen geeignet ist, jetzt auch über ein auf einer Xenon-Blitzlampe basierendes System.

Das Projekt wird über den „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) als Teil der Reaktion der Union auf die COVID-19-Pandemie“ finanziert.

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Die Leichtbauwelt informiert: Towpregs automatisiert zu Luftfahrt-Leichtbaustäben verarbeiten

Im Rahmen des Projektes TowPregRod entwickelt und erforscht das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen der Leibniz Universität Hannover zusammen mit der Schütze GmbH & Co. KG die Endlosfertigung von CFK-Sandwichstäben. Das Projekt setzt sich die Entwicklung und Erforschung einer flexiblen Prozesskette zur kontinuierlichen Belegung, Konsolidierung und Aushärtung von CFK-Sandwichstäben zum Ziel. Mit dem flexiblen Verfahren können die Produkteigenschaften speziell auf den entsprechenden Anwendungsfall angepasst werden. Das werkzeuglose Verfahren verarbeitet vorimprägnierte Kohlenstofffaserrovings (TowPregs) und hat vor allem für kostensensitive Anwendungen mit geringen Stückzahlen in der Luft- und Raumfahrt hohes Potenzial.

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Open Access Artikel verfügbar: Representative structural element approach for assessing the mechanical properties of automated fibre placement-induced defects

In this paper, a 3D finite element modelling approach is presented to assess the effects of manufacturing defects within composite structures. The mesoscale modelling approach derives the stress-strain response of a composite structure from a representative structural element. A set of tensile and bending loads is used to compute its ABD-Matrix. The boundary conditions of the model are described in detail as is the extraction of the strain and curvature response. The derived stiffness from the presented modelling approach is compared to the classical lamination theory and the models’ shortcomings are discussed. Finally, the influence of a gap, an overlap and two different-sized fuzzballs on the macroscopic mechanical properties of a composite structure are evaluated using the presented multiscale modelling approach, thereby providing stiffness matrices influenced by the defects for the use in global models of composite parts.

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